Konstruktion-FDM – Konstruktionsregeln & Best Practices

FFF/FDM druckt schichtweise – das beeinflusst Stabilität, Oberflächen und Maße. Diese kompakte Wissensbasis zeigt dir bewährte Regeln, Mindestmaße und typische Kniffe, damit deine Teile druckgerecht konstruiert sind und ohne Überraschungen funktionieren.

Grundprinzipien (auf einen Blick)

  • Wandstärke in Linienbreiten planen (Vielfache der Düsenbreite) → saubere Perimeter, weniger Lücken.
  • Perimeter vor Infill: Stabilität entsteht an der Außenwand; Infill nur so hoch wie nötig.
  • Überhänge bis ~45° sind meist supportfrei; lange Brücken brauchen saubere Kühlung.
  • Rippen & Radien statt massive Blöcke → leichter, steifer, schneller.
  • Ausrichtung beachten: Kraftrichtung parallel zu Perimetern legen, Sichtfläche nach oben.
  • Teile ggf. segmentieren (Steck-/Schraubverbindungen) statt „ein Stück mit viel Support“.

Mindestmaße & Empfehlungen

Die Werte sind Startpunkte für 0,4-mm Düse, 0,2-mm Layer und sauber kalibrierten Drucker.

FeatureEmpfehlungHinweise
Außenwand (Perimeter)≥ 1,2 mm (3 Linien)Für Funktionsteile 1,6–2,0 mm.
Dünnste freistehende Wand≥ 0,8–1,0 mmBei 0,6-mm Düse entsprechend größer.
Deckschicht (Top)≥ 0,8–1,2 mm5–7 Top-Layer bei 0,2 mm Layer.
Boden (Bottom)≥ 0,8–1,2 mmMehr, wenn Schrauben von unten greifen.
Überhang≤ 45°Darüber Support oder Geometrie anpassen (Fasen/Radien).
Brücken≤ 20–30 mmStarke Kühlung, geringe Geschwindigkeit.
Schrift erhaben/vertieftHöhe/Tiefe ≥ 0,4–0,6 mm, Strich ≥ 0,5 mmVertieft meist sauberer.
Bohrungen (geführt)CAD-Ø + 0,2–0,4 mmSiehe Toleranzen.
Snap-Fit ZungeDicke 0,8–1,6 mmGroße Radien im Biegebereich, Einlauf-Fase 30–45°.

Wandstärke, Rippen & Versteifungen

  • Wandstärke = n × Linienbreite (z. B. 3×0,4 mm = 1,2 mm). Keine „krummen“ Werte → bessere Füllung.
  • Rippen: dünn (1,2–2,0 mm), hoch und mit großem Radius an die Wand anbinden (≥ 0,8 mm).
  • Schraubdoms (Boss): Außen-Ø ≈ (Schraub-Ø + 2×Wandstärke); Innenfasen verhindern Aufplatzen.
  • Lastpfade verfolgen: Stege in Kraftrichtung; scharfe Innenkanten vermeiden → Kerbwirkung ↓.

Überhänge, Brücken & Support vermeiden

  1. Fasen statt rechter Winkel (45°-Fase) oder Innenradien einbauen.
  2. Bauteil aufteilen, wenn Supportflächen groß/sichtbar sind – später stecken/schrauben.
  3. Brücken planen: kurze Spannweiten, Brückenrichtung über schmale Lücke legen, Lüfter hoch.
  4. Sichtseiten nach oben, Funktionsflächen parallel zur Druckplatte.

Schrauben, Gewinde & Heatsets

  • Selbstschneidende Schrauben in Kunststoff: Bohr-Ø nach Hersteller; Boss mit Rippen abstützen.
  • Maschinenschrauben: bevorzugt mit Messing-Heatsets (Einpressgewinde). Tasche = Herstellermaß + 0,1–0,2 mm; Boden ≥ 0,8–1,2 mm; Randabstand ≥ 1,5× Einsatz-Ø.
  • Gedruckte Gewinde: grobe Profile (z. B. Trapez) sind toleranter; auf gute Kühlung achten.
  • Schraubflächen parallel zur Druckplatte → Maßhaltigkeit & Ebenheit.

Snap-Fits, Clips & Scharniere

  • Snap-Zunge: Dicke 0,8–1,6 mm, Biegelänge groß, Innenradius ≥ 0,5–1,0 mm.
  • Einlauf: Gegenseite mit 30–45° Fase; Fangtasche mit 0,2–0,3 mm Spiel.
  • Scharniere: Stift/Bohrung bevorzugt; „Living Hinges“ nur mit sehr dünnen Querschnitten und zähen Materialien (z. B. PP/TPU).
  • Anisotropie beachten: Schnapper so ausrichten, dass Perimeter längs der Biegerichtung liegen.

Oberflächen & Finish berücksichtigen

  • Schleifreserve vorsehen (0,1–0,3 mm), wenn lackiert oder gespachtelt wird.
  • Sichtflächen nach oben; Top-Layer erhöhen (5–7) gegen Durchscheinen.
  • Vertiefte Schrift statt erhabener für schärfere Kanten.
  • Siehe auch: Oberflächen-Finish, Layerhöhe & Oberfläche.

Materialverhalten (Kurzüberblick)

  • PLA: steif, maßhaltig – gut für Details, mäßige Wärmebeständigkeit.
  • PETG/PCTG: zäher, guter Allrounder, leicht elastisch.
  • TPU: flexibel – braucht größere Spiele, sanfte Radien.
  • PA-CF/PC/ASA: technisch, teils höhere Temp./UV-Beständigkeit; Warping & Düsenverschleiß beachten.

Checkliste vor dem Export

  1. Einheiten in mm, Ursprung & Ausrichtung prüfen.
  2. Wandstärken als Vielfache der Linienbreite?
  3. Radien/Fasen an Kanten, Kerben entschärft?
  4. Passungen mit Parametern (Spiel/Press) modelliert? → siehe Toleranzen.
  5. Supportarme Orientierung gewählt; ggf. Bauteil teilen.
  6. Wasserdicht (kein offener Körper), sinnvolle STL-Auflösung; optional STEP für spätere Anpassung.

Fehlerbilder – Ursache & Abhilfe

SymptomWahrscheinliche UrsacheSchnelle Lösung
Risse an InnenkantenScharfe Ecken, KerbspannungInnenradien ≥0,5–1,0 mm; mehr Perimeter
Stützorgien nötig90°-Überhänge, ungünstige AusrichtungFasen/Radien; Bauteil drehen/segmentieren
Schraubdom platztZu dünne Wand, kein Radius am KernWand ≥1,2–1,6 mm; Kern mit Radius; Rippen
Schnapper brichtZu kurze Zunge, scharfer ÜbergangLänger/dünner; großer Innenradius; Material wählen
Bohrungen unrundGrobe Layer, falsche Ausrichtung0,12–0,16 mm Layer; Bohrung nach oben ausrichten
Teil zu schwer/langsamMassive Volumen statt RippenLeichtbau: Rippen, Hohlräume, geringeres Infill

Mini-FAQ: Konstruktion-FDM

Wie bestimme ich die „richtige“ Wandstärke?
Als Vielfache der Linienbreite planen (z. B. 3×0,4 mm). Für Funktionsteile 4–5 Linien einplanen, statt das Infill stark zu erhöhen.
Wie vermeide ich Support an Sichtseiten?
Fasen/Radien konstruieren, Bauteil drehen oder teilen. Sichtflächen nach oben legen; Top-Layer erhöhen.
Gedrucktes Gewinde oder Heatset?
Für wiederholtes Anziehen sind Heatsets überlegen. Gedruckte Gewinde funktionieren grob/selten geöffneten Teilen—Tests empfehlenswert.
Welche Text-Größe ist lesbar?
Vertieft: Höhe/Tiefe ≥0,5 mm; Strich ≥0,5 mm. Erhaben etwas größer. Mit feiner Layerhöhe wird es deutlich sauberer.
Wie plane ich für Nachbearbeitung?
Schleifreserve 0,1–0,3 mm auf Sichtflächen, Maskierkanten mit kleiner Fase, verdeckte Stoßfugen.

Weiterführende Themen

Alle Angaben sind Startwerte. Für belastbare Ergebnisse empfehlen wir immer kurze Teststücke und dokumentierte Maschinen-/Materialprofile.