Konstruktion FDM-gerecht – Radien, Rippen, Teardrops & Wandstärken

Konstruktion FDM-gerecht – Radien, Rippen, Teardrops & Wandstärken: Dieser Leitfaden bündelt praxisnahe Designregeln für FDM-Bauteile: sinnvolle Wandstärken, Rippen & Bosse, Radien gegen Kerbwirkung, lochfreundliche Teardrops, Schnapphaken, Schrift/Reliefs und typische Mindestmaße. Für Toleranzen und Passungen siehe Toleranzen & Passungen, zur Ausrichtung Ausrichtung, zu Support Stützstrukturen.

Grundprinzipien – so denkt man FDM-gerecht

  • Gleichmäßige Wandstärken: Spannungen und Schrumpf minimieren; große Sprünge vermeiden.
  • Kerbwirkung reduzieren: Innenradien/ Fasen an scharfen Ecken, Zugpfade weich führen.
  • Perimeter tragen Last: Wichtige Kraftpfade in XY legen; Z ist die schwächste Achse.
  • Überhänge entschärfen: Fasen, Teardrops statt flacher Bögen; Brücken kurz halten.
  • Verbindungstechnik früh planen: Bosse, Muttertaschen, Inserts (Schrauben & Inserts).

Wandstärken & Mindestmaße (0,4 mm Düse)

FeatureRichtwertHinweise
Außenwand (sichtbar)≥ 1,2 mm (≈ 3 Perimeter)Optik & Stabilität; bei Funktionsteilen 1,6–2,0 mm
Innenwand/Steg≥ 0,8–1,0 mmMind. 2 Perimeter; Zugpfade beachten
Decklage (Top)≥ 0,8–1,0 mm4–6 Top-Lagen; bei PETG langsamer
Bohrungen gedruckt≥ 2,0 mmKleine Ø lieber reiben/bohren; Teardrop-Form nutzen
Snap-Clip (Zunge)Dicke 0,8–1,5 mmLänge 8–20 mm; Radius am Fuß ≥ 0,6 mm
Boss für SchraubeØ_Boss ≈ 2–2,5× Schrauben-ØRippen anbinden; Fasen der Auflage

Für größere Düsen (0,6–0,8 mm) und abrasive Materialien steigen Mindestwerte proportional.

Radien, Fasen & Rippen – Kerben entschärfen, Steifigkeit erhöhen

  • Innenradien:0,25–0,33× Wandstärke (z. B. 0,5–1,0 mm bei 3 × 0,4 mm Wänden).
  • Außenfasen: 0,5–1,0 mm erleichtern Maßhaltigkeit (Elephant’s Foot kompensiert).
  • Rippenstärke: ~0,5–0,6× Wandstärke; Rippenhöhe ≤ 3× Rippenstärke, sonst ausklinken/verrippen.
  • Rippen-Anbindung: Mit weichen Übergängen (Radien/Scallops) ins Grundbauteil führen.
  • Knoten verstärken: Dreieckige Gussets in 45–60°; an Bohrungen Ringrippen einplanen.

Teardrops statt flacher Bögen – überhangfreundliche Bohrungen

Horizontale runde Löcher erzeugen starke Überhänge. Ein Teardrop (Träne) erlaubt Überhänge ≤ 45–55°:

BohrungsfunktionFormRichtmaßHinweise
Durchgang ohne NacharbeitTeardropBreite = Ziel-Ø; Tropfenspitze 45–55°Gute Optik unten, kein Support
Pass-/LagerbohrungRund + NacharbeitCNC/Reiben auf MaßIm Druck Übermaß +0,2…+0,5 mm
Gewindeeinsatz/InsertZyl. LochHerstellermaß +0,1…+0,2 mmInsert-Guide

Schnapphaken & Clips – kurz und robust

  • Geometrie: Zunge mit konstanter Dicke und großem Fußradius (≥ 0,6–1,0 mm).
  • Orientierung: Biegefaser in XY (Perimeter entlang der Zunge), nicht quer in Z.
  • Material: Zäher Kunststoff bevorzugt (PCTG/PETG, PA); PLA neigt zu Sprödbruch.
  • Freiweg: Abhebewinkel 10–15°, Gegenhaken mit kleiner Fase 0,3–0,5 mm.

Schrift, Logos & Reliefs

  • Erhaben: Linienstärke ≥ 0,4 mm, Höhe ≥ 0,6 mm; Top langsamer, optional Ironing.
  • Vertieft: Breite ≥ 0,6 mm, Tiefe ≥ 0,4 mm; für Kontrast dunkler füllen/lackieren.
  • Richtung: Schriftzug parallel zur X- oder Y-Achse drucken (sauberere Konturen).

Materialeinfluss – was das Design ändert

MaterialDesign-TendenzHinweis
PLASteif, aber spröderRadien/Perimeter erhöhen; Schnapphaken vorsichtig
PCTG / PETGZäh, verzeiht ClipsStringing beachten; Bohrungen gern nacharbeiten
ASA / ABSFormstabil, gute NacharbeitWarping-Risiko → Fasen unten, Kammer/Führung
PCSehr fest, heißWandstärken großzügig; trocknen; Oberfläche langsam
PA / PA-CFZäh/steif (CF), kerbempfindlichRadien groß; Drybox; CF mit ≥0,6 mm Düse
TPUFlexibelClips & Dämpfer gut; präzise Bohrungen schwer

Praxis-Workflow – von CAD zum robusten Teil

  1. Ziel festlegen: Funktions-/Sichtflächen, Lastpfade, Passungen.
  2. Wände & Rippen nach Tabelle dimensionieren; Radien setzen.
  3. Bohrungen/Verbinder planen (Teardrop, Muttertasche, Insert).
  4. Ausrichtung für Kraftpfade/Optik; Support vermeiden.
  5. Testsektion (kritische Zone) drucken und Maße/Feel prüfen.
  6. Profil dokumentieren (Material, Layer, Düsen-Ø, Nacharbeit).

Fehlerbilder – Ursache & Abhilfe

ProblemUrsacheAbhilfe
Riss am RippenfußScharfe Innenkante, zu hohe RippeFußradius ≥ 0,6–1,0 mm; Rippe niedriger/stärker verrippen
Clip bricht frühPLA spröde, Orientierung quer zur BiegungMaterial wechseln (PCTG/PA), Clip in XY legen, Fußradius ↑
Unterseite rau/gesacktFlache Bögen ohne SupportTeardrop/Fase modellieren, Brückenrichtung optimieren
Boss platztZu dünn, kein Radius, Drehmoment zu hochØ_Boss & Wandstärke ↑, Fasen/Radien, Inserts
Verzug an großen FlächenUngünstige Geometrie/WandwechselWände vereinheitlichen, Fasen unten, Kammer/Brim

Checkliste – FDM-gerechtes CAD

  • Wandstärken gleichmäßig; Außenwand ≥ 1,2 mm (0,4er Düse).
  • Innenradien/Fasen gegen Kerben.
  • Rippen ~0,5–0,6× Wandstärke, sanft anbinden.
  • Bohrungen: Teardrop für „ohne Nacharbeit“, Präzision nachbohren.
  • Clips in XY ausrichten; zähes Material bevorzugen.

FAQ – Konstruktion FDM-gerecht

Warum 3 Perimeter für Außenwände?
Perimeter tragen die Last und bestimmen die sichtbare Qualität. 3 Bahnen ergeben robuste, dichte Außenhäute.
Ist ein Fillet oder eine Fase besser?
Innenradien reduzieren Kerbspannung am effektivsten; außen helfen Fasen gegen Kantenüberhöhung/Elephant’s Foot.
Kann ich runde Löcher ohne Support drucken?
Teardrops funktionieren oft supportfrei. Für Passungen besser rund drucken und nacharbeiten.
Wie dimensioniere ich Schnapphaken?
Kurz & breit statt lang & dünn, großer Fußradius, Biegefaser in XY, zähes Material. Testlehre drucken.
Wie plane ich Bosse für Inserts?
Boss-Ø ≈ 2–2,5× Schrauben-Ø, Insert-Bohrung nach Hersteller +0,1–0,2 mm, Stop-Kragen; siehe Insert-Guide.

Weiterführende Themen

Mit gleichmäßigen Wandstärken, weichen Übergängen, klug platzierten Rippen und lochfreundlicher Geometrie entstehen robuste, gut druckbare Bauteile – reproduzierbar und effizient.