Warping & Eckenlift im FDM-3D-Druck

Warping entsteht durch Schrumpfspannungen beim Abkühlen und/oder zu geringe Haftung der ersten Schichten. Dieser Leitfaden zeigt eine Diagnose-Checkliste, Material-Startwerte und Maßnahmen von Brim bis Kammer. Ergänzend: Haftung & Druckbett-Oberflächen, Ausrichtung & Bauteilorientierung, Wandstärke & Infill, Layerhöhe & Oberfläche, Temperatur & Wärmeform.

Ursachen – kurz erklärt

  • Schrumpfspannungen durch Temperaturgradienten zwischen Hotend, Bauteil und Umgebung.
  • Geometrie: scharfe Ecken, große geschlossene Flächen, dicke Wandpakete → hohe Zugkräfte an den Rändern.
  • Haftung: falscher Z-Offset, verschmutztes Bett, ungeeignete Oberfläche/Temperatur.
  • Kühlung/Umgebung: zu viel Lüfter, Zugluft; fehlende Einhausung bei ABS/ASA/PC.

Diagnose-Checkliste (Erste Schicht)

PrüfpunktRichtwertHinweis
Z-Offset / BettabstandLinie leicht „gequetscht“Zu hoch ⇒ Lücken, zu niedrig ⇒ Elefantenfuß
Erste-Schicht-Breite120–140 % der DüseMehr Auflagefläche, Linien schließen besser
Erste-Schicht-Geschwindigkeit10–25 mm/sLangsam gibt Zeit zum Anhaften
Bett-Temperaturmaterialspezifisch (siehe unten)Zu kalt ⇒ Haftung schwach; zu heiß ⇒ Elefantenfuß
Lüfter0–20 % in den ersten 3–5 LayernBei PLA früher, bei ABS/ASA/PC länger aus
OberflächePEI/Struktur/Glas sauber & fettfreiIsopropanol (IPA) oder Spüli-Wasser, fusselfrei

Material-Startwerte (Bett, Lüfter, Hinweise)

MaterialBett (°C)LüfterHinweise
PLA50–6070–100 % ab Layer 2Warping selten; Z-Offset & sauberer PEI meist ausreichend
PCTG/PETG70–8520–50 %Top langsam; ggf. Haftstift/Magigoo für kontrollierte Haftung
ASA/ABS90–1100–15 %Einhausung/Kammer, Brim 5–10 mm; Zugluft vermeiden
PC100–1200–10 %Hohe Umgebungstemp., Haftmittel/PEI-Textur; langsame erste Schicht
PA (Nylon)70–9010–30 %Trocken drucken; Garolite/PA-Haftmittel hilfreich
TPU35–6020–50 %Warping selten; langsam & gleichmäßig extrudieren

Maßnahmenkatalog – von schnell bis robust

  • Brim 5–10 mm für Ecken; bei großen Teilen Raft erwägen.
  • Mausohren (Mouse-Ears) an scharfen Ecken (Ø 15–25 mm, 1–2 Layer) – später abknipsen.
  • Geometrie anpassen: Ecken verrunden, Bohrungen mit Teardrops, massive Bereiche aushöhlen, Rippen statt Vollmaterial.
  • Umgebung beruhigen: Zugluft vermeiden, Einhausung für ABS/ASA/PC; Temperatur gleichmäßig halten.
  • Haftmittel je Oberfläche/Material: PVA-Klebestift, spezieller Haftkleber; Glas ggf. mit dünner Haftschicht.
  • Elefantenfuß kompensieren: „Elephant-Foot Compensation“/„Initial Layer Horizontal Expansion“ (−0,1…−0,2 mm).
  • Temperaturführung: Nozzle/Bett minimal erhöhen; Lüfter langsamer hochfahren.

Typische Fehlerbilder & Abhilfe

SymptomUrsacheLösung
Ecken heben nach 2–5 Layern abZ-Offset zu hoch; Bett zu kalt; Lüfter zu starkZ-Offset −0,02…−0,05 mm; Bett +5 °C; Lüfter ↓; Brim
Großes Teil löst sich mittigTemperaturgefälle, ungleichmäßige OberflächeKammer/Einhausung; Oberfläche reinigen; Haftmittel gezielt
Starker ElefantenfußBett zu heiß / Z zu niedrigBett −5 °C; Elephant-Foot-Kompensation aktivieren
ABS/ASA reißt an SchichthöhenZu kalt/zu viel KühlungUmgebung aufheizen, Lüfter 0–10 %, Gehäuse schließen

Workflow (kurz & reproduzierbar)

  1. Bett reinigen, Z-Offset & Level prüfen (Test-Patch).
  2. Material-Profil laden (Bett/Nozzle gemäß Tabelle), Lüfter später starten.
  3. Bei großen Teilen: Brim/Mausohren aktivieren; Ecken verrunden.
  4. Erste Schicht beobachten → ggf. sofort Z-Feinjustage.
  5. Bei Anzeichen von Lift: Bett +5 °C, Lüfter −10–20 %, Brim vergrößern.

Sicherheit & Hinweise

  • Bei hohen Temperaturen und ABS/ASA/PC entstehen Dämpfegute Lüftung und Einhausung beachten.
  • Haftmittel sparsam dosieren; Rückstände regelmäßig entfernen, um Maßhaltigkeit zu sichern.

Weiterführende Themen

Mit sauberer erster Schicht, passender Oberfläche und stabiler Umgebung bleibt dein Teil plan auf dem Bett – auch bei großen Grundflächen und technischen Materialien.