Chemisches Finish (ABS/ASA) – Aceton/MEK-Glätten sicher anwenden

WICHTIGER SICHERHEITSHINWEIS: Beim chemischen Glätten entstehen giftige, entzündliche Dämpfe. Arbeite nur mit sehr guter Lüftung (Abluft/Freiluft), geeigneter PSA (Atemschutz mit Filter gegen organische Dämpfe, Schutzbrille, Nitril-Handschuhe) und ohne Zündquellen. Keine Heizer/Heißplatten in geschlossenen Behältern, nicht in Wohnräumen. Lösemittel vorschriftsgemäß lagern/entsorgen.

Das chemische Finish poliert die Außenhaut von ABS und ASA durch kurzzeitige Lösemittel-Exposition (z. B. Aceton/MEK). Kanten verrunden, Layerlinien verschwinden, die Oberfläche wird dichter und glatter. Für Feinheiten, Passungen und Funktionsflächen ist Vorsicht geboten – Maße können sich leicht ändern. Alternativ: mechanischer Finish-Workflow.

Welche Materialien lassen sich sinnvoll glätten?

MaterialGeeignete Lösemittel (Beispiele)EignungHinweise
ASAAceton, MEKSehr gutUV-stabil
ABSAceton, MEKSehr gutKlassisches Vapor Smoothing
PLAEthylacetat (EA)EingeschränktUneinheitliche Ergebnisse, Weichmachergefahr – meist nicht empfohlen
PETG / PCTGNeinOberfläche wird klebrig/angegriffen; lieber mechanisch finishen
PC, PASehr aggressive Mittel (z. B. DCM, THF)NeinHochgefährlich, nicht für Hobbybetrieb geeignet
TPUNeinQuillt/klebt; mechanisches Finish bevorzugen

Chemische Verfahren nur für ABS/ASA empfehlen. Für andere Kunststoffe ist das Risiko hoch und das Ergebnis unzuverlässig.

Sicherheitsregeln – das MUSS sitzen

  • Starke Lüftung: Nur im Freien oder mit Abluft (kein Innenraum ohne Absaugung).
  • PSA: Halbmaske mit Filter für organische Dämpfe (z. B. A2), Schutzbrille, Nitril-Handschuhe, langärmlig.
  • Keine Zündquellen: Funken/Offenflamme/Heizer vermeiden; Lösemittel hoch entzündlich.
  • Behälter: Nur chemisch beständige, kalt eingesetzte Setups verwenden. Keine beheizten, geschlossenen Systeme!
  • Mengen klein halten: Minimal erforderliche Dampfmenge, niemals „fluten“.
  • Teststück zuerst: Jede Charge reagiert anders – erst ein kleines Teil glätten.
  • Lagerung & Entsorgung: Originalbehälter, kindersicher, fern von Hitze; Abfälle nach Vorschrift entsorgen.

Vapor Smoothing – praxiserprobter Ablauf (ABS/ASA)

  1. Setup vorbereiten: Breiter, chemiefester Behälter mit erhöhtem Podest (Teil berührt kein Lösemittel), saugfähige Pads/Dochte an den Wänden.
  2. Minimal benetzen: Pads/Dochte mit wenig Aceton anfeuchten (kein freier Flüssigkeitsspiegel). Behälter schließen, 1–2 min warten.
  3. Teil einsetzen: Auf das Podest stellen, Behälter schließen, expositionszeit kurz (typisch 2–8 min je nach Volumen/Geometrie).
  4. Kontrollblick: Nicht unbeaufsichtigt. Sobald Oberfläche seidenmatt wird, Vorgang beenden.
  5. Ablüften/Härten: Teil in gut belüfteter Zone mind. 30–60 min ablüften lassen; erst danach schonend handhaben.
  6. Optional Lack: Nach vollständiger Ausgasung (24 h) mechanisch sehr leicht anschleifen (800 nass) und lackieren (Workflow).

Dampfdichte, Temperatur und Wandstärke verändern die Zeit stark. Lieber mehrere kurze Zyklen als ein langer.

Alternativen & Varianten

  • Pinsel-/Wischauftrag: Sehr sparsam, nur lokal – erhöht Fleckrisiko. Sofort gleichmäßig verteilen.
  • Tauchbad: Nicht empfohlen – zu aggressiv; Verzug und Detailverlust wahrscheinlich.
  • Mechanisch + Lack: Für PLA, PETG, PCTG der sichere Weg: Spachteln/Schleifen/Lack.

Auswirkungen auf Maß, Optik & Festigkeit

  • Optik: Layerlinien verschwinden, Ecken verrunden; Gravuren können „zulaufen“.
  • Maß: Außenmaß wächst minimal, Kanten runden – Passungen einplanen.
  • Mechanik: Außenhaut verschmilzt, spröde Stellen können entstehen, besonders bei zu langer Exposition.
  • Nachbearbeitung: Nach vollständiger Ausgasung matt schleifen/lackieren möglich.

Fehlerbilder – Ursache & Abhilfe

ProblemUrsacheAbhilfe
Klebrige OberflächeZu lange Exposition / zu hohe DampfkonzentrationKürzere Zyklen; Dampfmenge reduzieren; länger ablüften
Weiße Schleier („Blooming“)Kondensat schlägt sich nieder; kalte, feuchte LuftWärmere, trockene Umgebung; kürzer glätten; Kondensat vermeiden
Risse/VerzugAggressive Anwendung, dünne Wand, ungünstige SpannungenWandstärke prüfen; Expositionszeit halbieren; mechanisches Finish erwägen
Details verschwindenLange/ungleichmäßige EinwirkungNur kurz glätten; mehrere Mini-Zyklen; Maskieren empfindlicher Zonen
Geruch hält lange anUnzureichende Lüftung/zu frühe LackierungMindestens 24 h ausgasen lassen; nur gut belüftet lackieren

Checkliste – sicher glätten

  • Nur ABS/ASA chemisch glätten; andere Materialien lieber mechanisch.
  • Starke Lüftung, PSA (Atemschutz für organische Dämpfe, Schutzbrille, Nitril-Handschuhe).
  • Keine Zündquellen; nur kalt arbeitende Setups; kleine Mengen.
  • Kurze, kontrollierte Zyklen; Teststück zuerst.
  • Teile 30–60 min ablüften, vor Lack ≥24 h ausgasen lassen.

FAQ – Chemisches Finish

Geht das auch mit PLA?
Mit Ethylacetat theoretisch, praktisch unzuverlässig und riskant. Wir empfehlen für PLA den mechanischen Finish-Workflow.
Wie stark ändern sich Maße?
Meist leicht (Bruchteile eines Millimeters). Kanten verrunden. Kritische Passungen vorher separieren oder abkleben.
Muss ich heizen?
Nein. Heizen erhöht Brand-/Explosionsgefahr. Nur mit kaltem Dampf und guter Lüftung arbeiten.
Kann ich das in der Wohnung machen?
Nein. Lösemitteldämpfe sind giftig und entzündlich. Nur im Freien oder mit technischer Abluft, nie in Wohnräumen.
Wie erhalte ich seidenmatte statt spiegelnde Flächen?
Sehr kurze, wiederholte Zyklen und anschließend leichtes Mattieren (800–1000 nass) nach dem Ausgasen.

Weiterführende Themen

Material & Oberfläche

Maß & Konstruktion

Chemisches Finish liefert sehr glatte ABS/ASA-Oberflächen – aber nur mit strenger Beachtung von Lüftung, PSA und kurzen, kontrollierten Zyklen.