Kalibrierung: Flow, E-Steps & Temp-Tower – sauberer Start
Kalibrierung: Flow, E-Steps & Temp-Tower – sauberer Start: Mit wenigen, reproduzierbaren Schritten stellst du einen stabilen Materialfluss, korrekte Abmessungen und eine passende Temperatur ein. Die Reihenfolge ist wichtig: E-Steps → Temperatur → Flow → optional Retract. Grundlagen zur ersten Schicht findest du unter Erste Schicht & Bettnivellierung.
Reihenfolge der Kalibrierung
- E-Steps (Extruder-Schritte/mm) korrekt einstellen.
- Temperatur per Temp-Tower für das konkrete Filament wählen.
- Flow (Extrusionsfaktor) mit Ein-Wand-Test feinjustieren.
- Retract kurz prüfen (Stringing), bei Bedarf anpassen.
Hinweise zu Düsenmaterial und Durchmesser: Düsen & Düsendurchmesser. Trockene Spulen sind Pflicht, siehe Filamentlagerung & Trocknung.
E-Steps korrekt setzen (Extruder-Kalibrierung)
Schritt | Vorgehen |
---|---|
1. Markierung | Filament am Einzug markieren (z. B. 120 mm über der Eintrittsstelle). Startposition notieren. |
2. Fördern | Bei aufgeheiztem Hotend 100 mm extrudieren (konstante Geschwindigkeit). |
3. Messen | Abstand von Eintrittsstelle bis Markierung neu messen. Entnommene Länge = 120 mm − Restlänge. |
4. Berechnen | Neue E-Steps = Alte E-Steps × (100 mm / tatsächlich extrudiert). |
5. Speichern | Wert im Druckermenü/EEPROM speichern. Vorgang einmalig wiederholen zur Kontrolle. |
E-Steps korrigieren die Fördermenge, nicht die Form der Bahn. Für Maß und Oberfläche folgt die Flow-Feinjustage.
Temperatur bestimmen (Temp-Tower lesen)
Ein Temp-Tower zeigt pro Abschnitt eine andere Düsentemperatur. Wähle den Bereich mit ruhiger Außenhaut, wenig Stringing, sauberen Brücken und guter Layerhaftung.
Material | Typischer Bereich (°C) | Hinweise |
---|---|---|
PLA | 190–215 | Mehr Lüfter erlaubt; bei matten Sorten eher kühler testen |
PETG / PCTG | 225–250 | Zu heiß ⇒ Fäden/Glanz; Trennschicht auf PEI beachten |
ABS / ASA | 235–260 | Geringer Lüfter, zugfreie Umgebung/Gehäuse |
PC | 260–290 | Trocknen & warme Umgebung; Lüfter sehr niedrig |
PA (Nylon) | 245–270 | Sehr hygroskopisch → aus der Drybox drucken |
TPU | 210–235 | Je weicher, desto niedriger; Retract langsam |
PP | 220–250 | PP-Bauoberfläche nutzen; Brim hilft |
PET / HIPS | 235–260 / 225–245 | PET klar möglich; HIPS als Support in Limonen löslich |
Flow feinjustieren (Extrusionsfaktor)
Der Flow bestimmt, wie breit/hoch die extrudierte Bahn tatsächlich wird. Feinjustage mit Ein-Wand-Test (ein Perimeter, ohne Infill/Top/Bottom, z. B. 0,8–1,0 mm Wandhöhe).
Schritt | Vorgehen |
---|---|
1. Setup | Im Slicer genau 1 Perimeter, 0 % Infill, 0 Top/Bottom setzen. Linienbreite (z. B.) = Düsendurchmesser × 1,10–1,15. |
2. Drucken & messen | Mit Messschieber die Wanddicke an mehreren Stellen messen und mitteln. |
3. Berechnen | Neuer Flow = Alter Flow × (Erwartete Wanddicke / Gemessene Wanddicke). Beispiel: 100 % × (0,48 / 0,51) = 94,1 %. |
4. Validieren | Kleines Referenzteil mit Innen-/Außenmaß drucken; Maßhaltigkeit prüfen (Wände & Infill). |
Bei fasergefüllten und sehr weichen Materialien (z. B. PA-CF, TPU) erst sauber trocknen, dann Flow kalibrieren.
Retract & Reisebewegung (Kurzabgleich)
System | Retractweg | Retractspeed | Hinweise |
---|---|---|---|
Direct-Drive | 0,6–1,2 mm | 25–35 mm/s | Kurz & schnell; feste Filamentführung hilft |
Bowden | 3–6 mm | 30–45 mm/s | Mehr Weg nötig; Combing „Within Infill“ testen |
Bei Fäden: erst Feuchte ausschließen, dann Retract/Temp/Travel feinjustieren (Stringing-Guide).
Fehlerbilder – Ursache & Abhilfe
Problem | Wahrscheinliche Ursache | Abhilfe |
---|---|---|
Unterextrusion (Lücken, fragile Bahnen) | E-Steps zu niedrig, Flow zu gering, Düse teilweise verstopft | E-Steps sauber setzen; Flow per Ein-Wand-Test; Düse reinigen/tauschen |
Überextrusion (Wülste, Maße zu klein) | Flow zu hoch, zu niedrige Linienbreite | Flow nach Formel senken; Linienbreite realistisch wählen |
Stringing/Fäden | Feuchte, zu heiß, Retract/Travel suboptimal | Spule trocknen; Temp −5–10 °C; Retract/Speed prüfen (Guide) |
Schlechte Layerhaftung | Zu kalt, zu viel Lüfter, kontaminierte Oberfläche | Temp +5–10 °C; Lüfter reduzieren; erste Schicht optimieren (Erste Schicht) |
Maße weichen ab | Flow unpassend, Temperatur zu hoch/niedrig, Cooldown-Warping | Flow justieren; Temp aus Temp-Tower übernehmen; Kammer/Lüfter prüfen |
Checkliste – in 20 Minuten zur Basis-Kalibrierung
- E-Steps: 100 mm fördern, messen, Neue E-Steps berechnen und speichern.
- Temp-Tower: Abschnitt mit guter Oberfläche, wenig Fäden & sauberer Brücke auswählen.
- Flow: Ein-Wand-Test drucken, Wanddicke messen, Neuer Flow nach Formel setzen.
- Retract grob prüfen; bei Fäden zuerst Feuchte ausschließen.
- Notizen machen (Material, Charge, Düse, Temp, Flow) → später reproduzierbar.
Weiterführende Themen
Grundlagen & Einrichtung
- Erste Schicht & Bettnivellierung – Z-Offset, Haftung & Fehlerbehebung
- Düsen & Düsendurchmesser – Material, Verschleiß & Qualität
- Filamentlagerung & Trocknung – Drybox, Zeiten & Symptome
Qualität & Fehlersuche
Materialwahl
FAQ – Kalibrierung kurz erklärt
- Was kalibriere ich zuerst – E-Steps oder Flow?
- Immer erst E-Steps, dann Temp-Tower, danach Flow. So vermeidest du Ausgleichsfehler.
- Wie oft muss ich E-Steps neu setzen?
- Nur nach Extruder-Umbauten oder wenn der Fördermechanismus geändert wurde. Flow pro Material/Charge prüfen.
- Ein-Wand-Test: Welche Linienbreite nehme ich?
- Als Start 110–115 % des Düsendurchmessers. Erwartete Wanddicke = eingestellte Linienbreite.
- Mein Temp-Tower zeigt überall Stringing – was nun?
- Spule trocknen, Reisegeschwindigkeit erhöhen, Retract anpassen. Erst danach Temperatur feintunen.
- Warum sind Innenlöcher zu klein?
- Typisch bei FDM: leichte Überextrusion + Überlappung. Flow sauber kalibrieren und Naht/Perimeterreihenfolge prüfen.