PA (Nylon) im 3D-Druck – Eigenschaften, Varianten & Praxistipps
Polyamide (PA, „Nylon“) sind zäh, verschleißfest und für funktionale Teile sehr beliebt. Die Kehrseite: PA ist hygroskopisch (zieht Feuchtigkeit) und kann warpen. Mit trockener Lagerung, warmer Umgebung und passender Haftung liefert PA langlebige Bauteile – besonders in CF/GF-Varianten.
Eigenschaften (Kurzüberblick)
- Sehr zäh, gute Abrieb-/Gleiteigenschaften, duktiles Bruchverhalten.
- Feuchteaufnahme verändert Gewicht & Maße (Conditioning) – Spiel/Toleranzen einplanen.
- Temperaturfest im Alltagsbereich (je nach Typ), gute Chemikalienbeständigkeit.
- Neigt zu Warping – warme, zugfreie Umgebung hilft.
- Oberfläche: seidenmatt; CF/GF meist matt & steif.
PA-Varianten & verwandte Materialien
Variante | Merkmale | Einsatz/Hinweise |
---|---|---|
PA6 | Sehr zäh, nimmt viel Feuchte auf | Hohe Zähigkeit, gutes Gleiten; Warping/Feuchte beachten. |
PA12 | Geringere Wasseraufnahme, druckfreundlicher | Stabilere Maße, weniger Warping; oft erste Wahl für FDM. |
Co-Polyamide (PA6/66/12) | Ausgewogener Mix aus Druckbarkeit & Zähigkeit | Allround; Profile nach Hersteller-Sheet abstimmen. |
PA-CF / PA-GF | Fasergefüllt → steifer, weniger Warping, abriebintensiv | Gehärtete Düse ≥0,5–0,6 mm; Kanten spröder; Layerverbund prüfen. |
ESD, flammgehemmt, „low warp“ | Spezielle Additive/Blends | Parameter stark sortenabhängig; Datenblatt beachten. |
Siehe auch: PA-CF – steif & formstabil, PCTG (zähe Alternative mit weniger Aufwand).
Druckparameter (Startwerte)
Parameter | Richtwert | Hinweise |
---|---|---|
Düsentemperatur | 245–270 °C | CF/GF ggf. 255–285 °C; stabiler Fluss vor „kühl“. |
Heizbett | 70–90 °C | Haftung vs. „Elephant’s Foot“ balancieren; Trennschicht möglich. |
Gehäuse/Kammer | zugfrei, warm (~40–60 °C) | Reduziert Warping/Layer-Risse deutlich. |
Lüfter | 0–20 % | Nur kurz für Brücken/Spitzen; sonst Verbund leidet. |
Layerhöhe | 0,16–0,28 mm | Fein für Passungen; 0,2 mm als Allround. |
Geschwindigkeit | Außen 25–40 mm/s | Außen langsamer für glatte Oberflächen. |
Trocknung | 70–80 °C · 6–8 h | Pflicht; ideal: direkt aus der Drybox drucken. |
Haftung & Warping im Griff
- Untergrund: PEI/Glas mit geeigneter Haft-/Trennschicht; bei sehr starkem Grip Trennschicht (Klebestift).
- Erste Schicht: Z-Offset exakt; ggf. „Elephant’s-Foot“-Kompensation aktivieren.
- Brim: 5–10 mm; Raft nur bei Problemgeometrien.
- Geometrie: Ecken verrunden, Fasen statt 90°, Rippen statt massive Blöcke (siehe Ausrichtung & Stützstrukturen).
- Umgebung: Zugluft vermeiden; Gehäuse/Kammer bringt den größten Effekt.
Feuchte & „Conditioning“ (Maßänderungen)
- Symptome nasses Filament: Knistergeräusche, Dampf/„Nebel“, Fäden, matte porige Oberfläche.
- Nach dem Druck nimmt PA Umgebungsfeuchte auf → Maße/Zähigkeit ändern sich. Wichtig bei Passungen: +Spiel einplanen, ggf. vorkonditionieren.
- Drybox & Lagerung: Luftdicht mit Silica-Gel (Indikator); direkt aus der Box drucken.
Hintergrund: Materialverhalten – Feuchte, Temperatur & UV.
Design- & Verarbeitungstipps
- Perimeter vor Infill: 3–4 Außenwände; lokale Verdichtung unter Boss/Heatsets.
- Bohrungen/Passungen: CAD-Ø +0,2–0,4 mm; bei konditioniertem Teil zusätzliches Spiel vorsehen (siehe Toleranzen).
- Schrauben: Heatsets/Muttern bevorzugen; Randabstand ≥ 1,5× Ø; CF/GF sind formstabiler.
- Düse: Für CF/GF gehärtet ≥0,5–0,6 mm; Retract moderat.
- Kleben/Finish: Epoxy/CA funktionieren; Oberfläche vorher anrauen/entfetten. Färben/Beizen ist bei PA möglich (z. B. Textilfarben), vorher testen.
Typische Einsatzbereiche
Funktionsbauteile mit Reib-/Gleitkontakt (Buchsen, Gleitkufen), Halter/Clips, Werkstatt-/Maschinenkomponenten, Schutz-/Abdeckteile. Für UV-/Outdoor-Dauerlast ist ASA besser; für höhere Temperaturbereiche PC.
Fehlerbilder – Ursache & Abhilfe
Problem | Ursache | Abhilfe |
---|---|---|
Starkes Stringing/Poren | Feuchtes Filament | Trocknen 70–80 °C · 6–8 h; Drybox; Temp. optimieren; Retract anpassen. |
Ecken heben ab (Warping) | Kaltes Bett/Zugluft, große Aufstandsflächen | Bett 80–90 °C; Gehäuse; 5–10 mm Brim; Ecken verrunden. |
Layer-Risse | Zu kalt/zu viel Lüfter, Umgebung zu kühl | Hotend +5–10 °C; Lüfter 0–10 % (außen); Kammer wärmen. |
Maß driftet nach Tagen | Feuchte-Conditioning | Spiel einplanen; Teil vorkonditionieren; Passungen nacharbeiten. |
Unterseite klebt sehr stark | Hohe Betttemperatur + starker Grip | Trennschicht (Klebestift); Bett leicht senken; nach Abkühlen lösen. |
Mini-FAQ: PA (Nylon)
- Muss ich PA immer trocknen?
- Praktisch ja – PA zieht schnell Feuchte. Trocknen und möglichst aus der Drybox drucken.
- PA6 oder PA12?
- PA6 ist sehr zäh, nimmt mehr Feuchte auf; PA12 ist maßstabiler und oft druckfreundlicher.
- Wann lohnt PA-CF?
- Wenn Steifigkeit, Dimensionsstabilität und geringeres Warping wichtig sind – auf gehärtete Düse achten.
- Welche Lüftereinstellung?
- 0–20 % als Start; nur für Brücken kurz höher, sonst leidet der Layerverbund.
- Wie plane ich Passungen bei PA?
- CAD-Ø etwas größer (+0,2–0,4 mm) und zusätzliches Spiel einplanen, weil das Teil nach dem Druck Feuchte aufnimmt.
Weiterführende Themen
- PA-CF – Carbonfaserverstärkt
- Materialverhalten – Feuchte, Temperatur & UV
- Ausrichtung & Stützstrukturen
- Toleranzen – Grundlagen & Praxiswerte
- Schrauben & Gewindeeinsätze